quartier

„Künstler gehen nicht in Rente. Ich werde immer etwas mit meinen Händen schaffen wollen.“

– Hans Panschar

Hans Panschar – Feierabend Pappel, Dispersion 
 47 x 24 x 13cm
 2021

Holzskulptur eines Tisches mit zwei Stühlen darauf vor einem Hintergrund aus rohen Wänden.

Hans Panschar – Stuhl mit Gipsbein Pappel vergraut, Gips
 193 x 25 x 25cm
 2012

Eine hölzerne Skulptur eines länglichen Stuhls, bei dem ein Bein teilweise dicker ist und der mit weißer Farbe überzogen ist, steht vor einem Hintergrund aus Beton.

DER PERFEKTE MOMENT II Im Atelier von Hans Panschar

Whoooam! Ein Getöse füllt das Fussballstadion. Hans hat die Kettensäge angeworfen. Die Zuschauer, die im Grünwalder Stadion auf den Beginn einer eigenwilligen Oper über Karl Valentin warten, halten sich die Ohren zu. Hans Panschar, der Bildhauer, hatte den Auftrag bekommen, die Ouvertüre für diese Oper zu „komponieren“. Also warf er sein benzingetriebenes Arbeitsgerät an, das für ihn bedeutet, was für Bob Ross („The Joy of Painting“) der Spachtel ist oder für Michelangelo („David“) der Meißel. Binnen weniger Minuten zaubert Hans unter dem Lärm seines Brachialwerkzeugs aus dem rohen Baumstamm einen mannsgroßen Holzlöffel. Das Ding „Löffel“ aber ist ein poetisches Bildnis des Menschen Valentin. Hatte doch der völlig verarmte Nationalpoet Karl Valentin am Ende seines Lebens vergeblich versucht, beim Bäcker einen selbst geschnitzten Holzlöffel gegen eine Semmel einzutauschen.

Auch Semmeln hat Hans Panschar schon zu Kunstwerken vertauscht. Als er 2010 in der Münchner „Art Bakery“ „Artist in Residence“ war, hat er sie mit Flammenwerfern zur dunklen Skulptur konserviert. Und wenn er in den zufälligen Formen des Semmelteiges einen Fischkopf erkannte, hat er diesen Fischkopfsemmeln listig einen hölzernen Fischleib hinzugefügt und dieses Werk aus Teig und Holz als „Fischsemmel“ an die Wand der Galerie gehängt. Das Publikum begriff - wie es bei Hans Panschar oft vorkommt - sofort: Gleich dutzendfach wollten die Vernissagengäste die valentinesken Kleinskulpturen kaufen. Viele Künstler hätten an dieser Stelle die Serienproduktion begonnen. Hans, der sich eine gesunde Skepsis gegen zu schnelle Wirkung bewahrt hat, erklärte diese Objekte hingegen sofort als „eigentlich unverkäuflich“.

Das waren die Anekdoten, es gibt zu ihnen natürlich auch ein Werk, das bleibt: Denn laut geschnitzte Löffel und vergängliche Semmeln sind nicht die „großen“ Themen das Bildhauers Hans Panschar, der sich gerne lang an wenigen, einfachen Formen abarbeitet. Wenn er - was er gerne tut - abstrakte Formen schafft, dann formt er den Baumstamm nicht zu etwas, was dieser nie war, sondern er gestaltet oft (Achtung Kettensäge!) eine leere Form in das Holz hinein. Was dann Skulptur wird, ist das, was nicht mehr da ist: Ein Loch, ein Durchblick, eine Höhle für die Kunst inmitten des gewachsenen Holzes.

Das glückliche Grinsen, das typische Kennzeichen des durchschnittlichen Betrachters einer Panschar-Skulptur, entzündet sich meist an seinen figürlichen Werken. Hans bleibt dabei: er sagt, er würde sich der Darstellung der menschlichen Figur prinzipiell verweigern. Er bilde lieber ab, was der Mensch gebildet hat. Hier irrt der Künstler: Denn so wie ihm ein Löffel zum Bildnis Karl Valentins gerät, so hat jedes Objekt, das Hans Panschar dem Holz entlockt, ein eigenes Leben. Das heißt: Panschar beschränkt sich in seiner Arbeit zwar auf Objekte, die der Mensch gebaut hat, um in der feindlichen Welt zu überleben oder um es sich in ihr „heimisch“ zu machen ... Hans schnitzt gern Dinge, die nur mittelbar zeigen, dass da ein Mensch ist: Hans macht Häuser, Bücher, Boote und immer wieder Stühle. Wobei allerdings die Häuser, Bücher, Boote und vor allem die Stühle des Hans Panschar stets so lebendig wirken, als wären sie Individuen, als würden sie nur einen Moment lang für den Menschen, der sie gerade betrachtet, still halten.

Besonders der scheinbar so einfachen, archaischen Form des Stuhles entlockt Hans Panschar ganze Pandämonien des menschlichen Charakters. Ja, die Stühle des Hans Panschar können mit ihren vier Beinen, der Sitzfläche und der Lehne lachen, laufen und auch leiden: „Kreuzigung“ heißt dann auch das Werk, mit dem sich der Bildhauer Panschar so weit wie noch nie der menschlichen Figur genähert hat. Panschars „Kreuzigung“ besteht nicht aus einem Kruzifix, sondern natürlich aus einem Stuhl. Er hängt Mitleid erregend und schlaff von der Wand und hat offensichtlich gerade alles Leid der Welt auf sich genommen.

Dr. Andreas Ammer

Hans Panschar – Hausleiter Eiche, Rost 
 200 x 59 x 10cm
 2022

Holzskulptur einer unvollendeten, geschwärzten Leiter mit zwei kleinen Hausskulpturen an der Spitze, an einer Betonwand.

Hans Panschar – Stadtverdrehung Eiche geschwärzt 165 x 40 x 30cm 2017

Eine Holzskulptur aus langen, dünnen Säulen mit geschnitzten Häusern auf der Spitze, teilweise geschwärzt.

Hans Panschar – Der graue Kamm Eichenholz vergraut, teilweise gebrannt ca. 160 x 58 x 10 cm 2011

Eine Holzskulptur aus teilweise gebrannten vergrauten Holzstäben. Im Hintergrund stehen kleine grüne Bäume.

Weitere Informationen unter www.hanspanschar.de